Freitag, 22. Oktober 2010

Schweizer Käse

Bibliotheken sind, nebst praktischem Aufbewahrungsort für Staubsammler jeglicher Art auch Orte einer gar meditativ anmutenden Ruhe, beinahe schon an Treibregulation und -kanalisation angrenzend. Hier kann homo logos seiner zivilisatorischen Gehirnmassage unentwegt Folgschaft leisten. Schöngeistlichkeit, Kopftraining auf das Koryphäen wie Dr. Kawashima nur verdadderteres Sabbern als Antwort artikulieren könnten. Umso schlimmer, wenn eine Person laute Geräusche austößt, aus welchen für sie unbeeinflussbaren Gründen auch immer dies geschehen mag. Aus der Trance brutalst herausgerissen, ist die Quelle der Störung sofort visuell identifiziert, und für einen kurzen Moment ist dieses Menschending Subjekt voyeuristischster Vivisektion ohne Anästhesie. Bonuspunkte, wenn viele Studenten der Humanbiologien anwesend sind. Sezierungen aller Frösch_innen dieser Welt sind nicht nur mehr anachronisich, sondern auch weitaus unergiebig für den Wissensdurst der Menschheit. Zuviel Schneiderei, zuviele Gedärme. Irgendwann sehen sie ja auch alle gleich aus. Aber nicht so die Ketzer_in der Bibliothek. Blicke zerschießen sie, und ihr Ego bleibt langhaltig vernarbt. Brutalste Menschenfolter in deutschen Bibliotheken. Bücher als Zeugen. Traumatisiert. Staunend. Staunend über Käse aus der Schweiz in menschlicher Form. Oder menschliche Form wie Käse aus der Schweiz. Bizarre Arbeitstranslation von Mikroben zu penetrierenden Blicken. Bücher können noch viel von uns lernen. Die Bibliothek demonstriert ihnen furios die Gesamtheit der menschlichen Selbstkontrolle und Rituale.

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