Freitag, 25. Februar 2011

Wald der Toten

Und so machen Menschen Geräusche in den Orten sakraler Stille, welche in ihrer erstickenden Atmosphäre nur der Gebärdensprache ungestrafte Blicke schenkt. Winzige Blasen voller Worte zerplatzen kaum verlassen sie den Mund, und verstanden scheinen sie nur von ausgewählten Personen zu werden. Das Geräusch jedoch, wandert wabernd weiter durch den Raum, die Druckwelle, dieser zerplatzenden vermoderten Leichenteile von Worten bahnt sich ihren Weg in jedes Ohr, und hat Fäulnis im Windschatten. Vielleicht ist der Ort von dem ich sprach ja in Wahrheit ein Friedhof. Nicht von Bäumen als Trägern tausender Jahre Weisheit, sondern von Worten. Die glucksenden Menschen sprechen sie aus, die schweigenden Menschen verbannen Worte auf Papier, auf digitale Medien und hinterlassen sie einem ungewissen Schicksal, denn niemand kann diesen Worten, diesem codierten Schmutz auf Papier, garantieren, dass sie jemals wieder entschlüsselt werden und von einer Stimme Form erhalten. Sie werden gelagert, in Blöcke verbannt, zu tausenden präsentiert, nur ihr Leiden vervielfältigt zu sehen. - Vielleicht wären sie bereits froh, wenn sie nur ein weiteres Mal zerplatzen dürften.

Donnerstag, 10. Februar 2011

Quotenjan

Die Medien haben nach Sarrazin und Wikileaks ein neues Ferkel zum Schlachten gefunden, namentlich die Frauenquote. Als überzeugter Vegetarier sehe ich das natürlich kritisch, öffentliches Verwursten von komplexen Lebewesen hat schließlich eine gewisse Schizophrenie, und doch kann ich mich nicht ganz mit PETA in eine Reihe stellen und die ganze Zeit erbost Plakate hochhalten. Was ist geschehen?

Richtig ist, dass Handlungsbedarf besteht. Dokumentierte Fälle von marktökonomischem Irrsinn, schlechter qualifizierte Personen mit Posten zu versehen, nur weil sie "normalerweise" den penetrativen Part im Verkehr übernehmen würden, zeigen von einem mangelnden Verständnis einfachster kapitalistischer Grundprinzipien: Auf dem Papier entspricht Effizienz durch Leistungsfähigkeit Geld. Besser qualifizierte Arbeitskräfte machen noch mehr Geld. Da kann mann sich es auch mal leisten, im Falle des Falles besser qualifizierte Frauen auch genauso zu bezahlen wie ihre phallusausgestatteten Kollegen. Gelinde gesagt behindern aktuell patriarchalische und damit sexistische Strukturen eine konsequente Orientierung der Unternehmen an einem zentralen kapitalistischen Element.. Wären mehr Frauen in den öffentlichkeitswirksamen Aufsichtsräten, könnte dies durchaus als ein Signal verstanden werden. Ein für viele anscheinend immer noch befremdlichen Gedanke, sich vor einer Frau die nicht Mama heißt, rechtfertigen zu müssen. Wollen die Unternehmen wieder effizienten Kapitalismus betreiben, ist ein Umdenken in dem Umgang mit hochqualifizierten Arbeitskräften (welche zufälligerweise heute mehrheitlich in die Kategorie "Frau" hineinfallen) notwendig. Und ganz davon abgesehen hätte man die Realisierung elementarer Menschenrechte.

Auf der Strecke in der Diskussion um Frauenquoten (daher rede ich jetzt nicht nur über die Quoten in Aufsichtsräten, die wie oben geschrieben durchaus ihre Relevanz haben können) bleiben allerdings folgende Punkte, und diese stoßen mir unangenehm auf.

-> Frauenquoten sind mit der richtigen Auslegung von Artikel 3 des Grundgesetzes sowohl als verfassungskonform wie auch ;-widrig einstufbar. Machen wir uns nichts vor: Positive Diskriminierung wird durch ein schönes Adjektiv nicht weniger zu einer Diskriminierung. Wo liegt das Recht auf Diskriminierung, welches die Frauenquote bedient?

-> Angesichts des heftigen Widerstandes und der Mentalität der Bürger kann es zu unangenehmen Klagen von zurückgewiesenen Männern kommen, um nur ein Beispiel zu nennen. Dies verdeutlicht ein zentrales Problem: Würde die Frauenquote zentral vom Staat verordnet, wird erst nachträglich um die Akzeptanz der Bevölkerung gebuhlt. Wollen wir ein konstruktives Klima bei diesem Thema, braucht es auch demokratische Elemente in der Gesetzesentwicklung und damit zwingenderweise auch eine Einbeziehung derjenigen Bürger, welche von einer Frauenquote nicht profitieren würden. Darauf verzichten meines Wissens nach eigentlich so ziemlich die absolute Mehrheit aller Akteure auf dem politischen Parkett. Wieso tun sie das?

-> Die Frage nach Macht und Gewalt wird durch die Quote nicht angetastet. Dies erfolgt in mehreren Richtungen:

a) Beschließt ein immer noch "unausgeglichen" besetztes Parlament die Quote, werden patriarchalische Machtverhältnisse aktualisiert, den Frauen von Männern "gestattet", zumindest in Aufsichtsräten keine strukturelle Diskriminierung mehr zu erfahren. Selbst eine Frauenquote in Fraktionen wäre diesem Kalkül unterworfen, obgleich sie zum strukturellen Abbau beitragen würde. Aber: Wollen wir nach dem derzeitigen Stand Gleichbehandlung von Mann und Frau, so sind wir von der Akzeptanz der Quote bei Männern, und nur bei Männern alleine (immerhin 67.1% des Bundestages) abhängig. Das gilt ebenso für Vereine und Organisationen mit einem höheren entscheidungsberechtigten Männeranteil. Ein "ausgeglichener" Anteil innerhalb des Verbandes könnte einige Personalquoten schlichtweg obsolet machen. Hier wären beispielsweise Ideen zur Rekrutierung von Mitgliedern der Kategorie "Frau" zu thematisieren.

b) Wer verfügt über die Deutungshoheit zu bestimmen, bei welchem Menschen es sich um einen "Mann" oder eine "Frau" handelt? Im Namen der Gleichberechtigung und vor allem -behandlung rekapituliert die Quote unreflektiert heterosexistische Geschlechtsdispositionen und autoritär anmutende Vorstellungen davon, "wie es zu sein habe". Die Einteilung erfolgt nach nicht näher definierten Merkmalen, deren Deutung durch die Gesellschaft sich das Individuum zu beugen hat. Eine Frauenquote müsse sich an dem benachteiligten Gender orientieren und benötigt somit gleichzeitig die gesellschaftliche Definition und den Gültigkeitsrahmen der Genderkategorien, ohne welche sie keine Relevanz hätte. Einem gesellschaftlichen Geschlecht ein bestimmtes Mindestmaß an Repräsentation zuzusprechen, ignoriert die Fragen nach und die Reflexion von Machtinteressen. Zu Klären ist die Frage, wieso impliziert allen Menschen, die weder von der inoffiziellen 98+ Männerquote, noch einer offiziellen 40+ Frauenquote betroffen sind, ein Repräsentationsanspruch in Aufsichtsräten verwehrt wird. Ein Ansatz wäre, das Konzept eines Repräsentationsanspruches selbst zu hinterfragen, genauso wie es mit den verwendeten Definitionsrahmen geschehen muss. Zur Klarstellung: Ich orienitere mich in diesem Text der Einfachheit halber daran, was "gemeinhin" als "Frau" und "Mann" wahrgenommen wird.

c) Die Quote gilt gemeinhin als temporäres Instrument zur Frauenförderung. Wer bestimmt am Ende, wann sie nicht mehr zu gelten habe? Und wie sind dort die Machtinteressen zu betrachten?
d) Wieso herrscht gleichzeitig die Vorstellung, Frauen in Aufsichtsräten würden automatisch frauenfreundlichere Politik machen? Eine bestimmte Handlung als einem Geschlecht inhärent zu definieren ohne dies zumindest dem Versuch eines naturwissenschaftliuchen Beleges nachzustellen (Hormone, ich gucke auf euch.), ist banaler Sexismus. Empirische Gegenbeispiele dazu finden sich zuhauf: Aktuell gerade im Kanzleramt und in Ministersesseln. Wie eine Karikatur von Harm Bengen wunderbar illustrierte, wird es den Arbeitnehmerinnen ziemlich egal sein, ob sie nun schlecht von einem Mann oder einer Frau bezahlt werden. Frauen an der Spitze bedeuten zu keinem Zeitpunkt eine zwingend frauenfreundlichere Arbeitssituation. Dies wären lediglich kosmetische Veränderung im Aufsichtsrat ohne Relevanz für die tatsächlichen gesellschaftlichen Problematiken, und würde political correctness vor akute Lösungsansätze stellen.

e) Zumindest in der ersten Zeit wird die Quote vor allen den Frauen nützen, welche sich in der männlich-dominierten (Arbeits-)Welt mit männlichem Verhalten durchschlagen konnten, oder anders gesagt: Sie nützt denen, denen sie eigentlich helfen soll, nur langsam, wenn überhaupt. Merkel, von der Leyen und Schröder haben keine Quote gebraucht. Dies muss kein Zeichen von Emanzipation sein, und das ist es auch nicht. Haben wir jedoch eine "männlich" agierende Frau und eine "weiblich" agierende Frau in Konkurrenz auf den gleichen Frauenplatz, ist schnell abzusehen wer hineinquotiert wird - Unabhängig davon, wie die Konstellationen im Aufsichtsrat nun aussehen. Die durch die Adaption von unter Männern toleriertes Verhalten entstehende Macht kann sich auch mithilfe der Frauenquote nicht zerstreuen - Und wieso auch, wenn Frau Erfolg hat und ihren Job bekommt, wird sie die Situation von ihr unterstellten Arbeitnehmerinnen periphär tangieren.

Daher sind meine zentralen Fragen an die Quote:
-> Wie definiert sie auf wen sie zutreffen soll? Und warum tut sie das?
-> Reproduziert sie patriarchalie Machtverhältnisse? Begünstigt sie die Reproduktion? Wie effektiv ist sie wirklich bei der Erlangung von Gleichbehandlung?
-> Wie wird für demokratischen Rückhalt gesorgt?
-> Welchen Platz wird denjenigen zugesprochen, die sich weder in der von Männern dominierten Arbeitswelt noch in Quoten für Frauen wiederfinden?
-> Ab wann nützt die Frauenquote der Gesellschaft und der Emanzipation? Wie lange werden "Machofrauen" bevorzugt?

Und nur der Vollständigkeit halber: Ich bin für Gleichbehandlung.

Freitag, 14. Januar 2011

Unschärferelation

Weit hergeholt.

Wie schon Nietzsche mit seinem tollen Menschen verkündete, stürzt der Mensch. Er stürzt "[... ] fortwährend? Und rückwärts, seitwärts, vorwärts, nach allen Seiten? Giebt es noch ein Oben und ein Unten? Irren wir nicht wie durch ein unendliches Nichts? Haucht uns nicht der leere Raum an? [...] (Aphorismus 125) Im Folgenden werde ich auf niederträchtigste Art und Weise das obige Zitat weiter entfremden und instrumentalisieren.

Bekannte von mir wissen, dass ich mit politisch Links und Rechts und allem was dazu und davon weg gehört ein sehr zwiespältiges Verhältnis pflege. Meine bösen Vergleiche sind ein Teil davon. Zugegeben müsste ich, würde ich mich dazu gezwungen sehen, eine Seite der Medaille auszuwählen, die linke Seite wählen, aber glücklicherweise bleibt es nur bei diesem konstruierten Szenario. Eher muss ich mich derzeit außerhalb positionieren, was das Ganze natürlich nicht einfacher macht. Nein nein, ich kann mich beim besten Willen nicht zuordnen.

Natürlich können sich beide Schemata nicht eines gewissen Anachronismus entziehen. Aber dies ist als Ausschlusskriterium alleine nicht haltbar. Was mich an dieser Dualität stört, ist die konstante Abhängigkeit voneinander. Ideale Feindbilder werden Tag für Tag zur Mobilisierung konstruiert und bedient, und sind mittlerweile ein essentieller Teil für die eigene Identität geworden. Während ich Unterschiede und meinetwegen auch Gegensätze durchaus als enorm wichtig für die eigene Individualität erachte, sind sie auf politischer Ebene absolutes Gift und lenken von wichtigeren, inhaltlichen Punkten und auch Widersprüchen ab. Exemplarisch ist hier die auf beeindruckende Weise verunglückte "Dagegen-Kampagne" der judeo-christlichen Leitkulturkreuzritter zu nennen. Was hier vollkommen igoriert wird, dass ein "Dagegen-sein" meistens auch ein "Dafür-sein" impliziert (weil Gegensatz und so. Lernt man normalerweise in der Grundschule, spätestens.), ist nicht einmal der große Stein des Anstoßes. Nein, hier wird ein stereotypes Feindbild zur eigenen Identitätskonstruktion verwendet. Das Ergebnis: Eine eigene, vollkommen verzerrte und stereotype Identität. Die Gußform war letzten Endes wohl doch überraschenderweise nur eine "Form", und das Ergebnis folgt dann auch deren Eigenschaften. Das mag auf Stammtischen funktionieren, in einer heterogenen Gemeinschaft von 80 Millionen Menschen sollte mit aufsteigendem Reflexionsniveau jedoch eine antiproportionale Erfolgschance zu beobachten sein. Und hier kommen wir zum zweiten Punkt.

Heterogenität. Die beiden richtungsweisenden Schlagworte bezeichnen jeweils große Gruppen, die sich in unerfassbare Zahl von kleinen Interessensverbänden, Parteien, Vereinen, Gruppen, bla aufsplitten. Wird eine Richtungsangabe gegeben ("Ich bin Links! Wir sind Links!"), dann ist das mittlerweile an inhaltsleere kaum zu übertreffen. Die gegebenen Einordnungen und die in diesem schizophrenen Kasperletheater mitspielenden Menschen sprechen sich untereinander die Inhalte und die Ausrichtung ab. "Nein, du bist nicht links, du bist rechter Rand! Nur [eigene Gruppe hier einfügen] spricht für [Ideologie hier einfügen]!" Die breite thematische Differenzierung beginnt schon bei den Grundprinzipien, auf die sich einzelne Gruppen für sich verständigt haben. Das Ergebnis: Links heißt hier "'n bisschen mehr Besteuerung der oberen 20 wär schon ne gute Sache", dort "Produktionsmittelbesitzer entmachten!" und irgendwo in der Ferne: "Schaffe Frieden - hasse Deutschland!". Ein Begriff, der bei einer Selbstzuschreibung erst einmal eine meterlange Definition verlangt, ist absolut ungeeignet, es sei denn der Betreffende will absichtlich den gesamten Spektralbereich für sich beanspruchen. Das funktionier bei Aussagen wie "Ich bin Mensch". Aber "Ich bin rechts" kann heute anscheinend heißen: "Ich leugne den Holocaust! Das ist zionistische Propaganda!" oder "Gemeinschaftsschulen sind doof!" Kein Wunder, dass Frau Schröder schon alleine beim [x]extremismus so verwirrt ist. Eigentlich sind wirs alle.

#3. Dieses Verhalten ist aber eine denkbar menschliche und nachvollziehbare Reaktion. Wenn wir mit einer extremen Nummer von Werten konfrontiert werden, erleichtert es den Umgang mit diesen Werten. aus "1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11 ..." wird n1 = {1, ... , 10} und n2 = {10+x}. Mit n1 und n2 arbeitet es sich platzsparender, und überschaulicher. Die Kunst der Sache ist, den Definitionsrahmen klar zu strukturieren, damit sich nicht aus versehen eine Ziffer einschleust wie -3, die in keinen der oben genannten Werte passen mag. Dann wird sie kurzerhand n1 zugeordnet, weils halt am ehesten passt, und man weiß ja was gemeint ist. So ist es mit Extremismus, mit seiner Lokalisierung auf die Richtungen, und mit dem Begriff allgemein. Aber die Lösung kann nicht sein, bei unpassendem wegzusehen, zu verneinen, zu ignorieren. Das betrifft vor allem die aktuelle Integrationsdebatte, aber eben auch mein leidiges Lieblingsthema nach harten (= männlichen?) Quoten: Den werten Extremismus. Wo Stimmung gemacht wird, Hass auf Andersdenkende, Gewalt zum legitimen Mittel der Meinungsäußerung erklärt wird, hört der Spaß für mich auf. Und die Gründe (nicht die Umstände!) sind für die Bewertung einer Handlung egal. Es würde erfrischend sein, wenn einige Akteure beginnen könnten, genauso kritisch gegenüber sich selbst zu werden wie sie es bei anderen Menschen und Meinungen sind. Das setzt allerdings eine Öffnung der ideologischen Schleusen voraus. Wie Nietzsche meines Willens gemäß schrieb, sind die Richtungen in diesem gigantischen System unscharf. Wir können sie definieren, aber heißen tun sie nichts.

Natürlich ist dieser Beitrag nicht fehler-; und widerspruchsfrei. Allgemeine Verständlichkeit ging genauso freiwillig von Bord wie der Lotse es einst getan hat. Wer es geschafft hat sich durch diesen Wortdschungel zu kämpfen, ist gerne auf eine Diskussion eingeladen. Oder auch ohne es getan zu haben. ;)

Und zum Schluss:
Ich bin nicht "Links", ich bin nicht "Rechts". Ich weiß nicht was ich bin, aber ich weiß was ich nicht bin. Ein ausbaufähiger Anfang, finde ich.

Montag, 3. Januar 2011

Club Mate zum Frühstück

Langsam aber sicher nähere ich mich dem studentischen Ottonormalindielifestyle-Diktat an. Fertig geschnittenes Brot vom Supermarkt ihres Vertrauens? Check. Club Mate aus garantiert ökologisch verantwortungsvoller Landwirtschaft vom nicht-vorhandenen Biosiegel ausgehend? Check. Verpennter Blick beim zeitlupenhaften, nicht einmal als "Zubereiten" bezeichnungsbaren Erschaffen meines Frühstücks? Check. Fehlen nur noch:
  • Gammelklamotten für das Doppelte Vielfache meiner Monatsmiete pro Teil.
  • Ein Smartphone, vorzugsweise mit Apfel.
  • mindestens 4 Semester über der Regelstudienzeit.
  • eine echte Nerdbrille. 8^)
  • komische Partyfotos bei Facebook, vorzugsweise eingescannt damits so aussieht wie 'nen Polaroid.
  • Fotoautomatenfotos mit lustigen Grimassen und Leuten die ich nicht kenne. Auch gern im Gesichtsbuch zu finden. Immerhin muss jeder an meinen Fotoautomateskapaden teilhaben.
  • Marx gut sichtbar im Bücherregal, pardon, auf einem Stapel irgendwo in der "Studentebude". Am besten direkt auf Ayn Rand. Nimm das!
  • Eine Wohngemeinschaft im Namen, am besten kollektivistisch ausgerichtet. Wann Links sein, wenn nicht als Student? Seine konservative Ader entdeckt Post-68er Student sowieso erst nach dem Studium im ortsansässigen Streber_innengartenverein e.V. Davor hat er die Revolution herbei zu gröhlen und lustige Marx-Lesekreise zu besuchen.
  • mjam mjam Atomkraftfreie Zone im Kühlregal. ATOMKRAFTFREIEIEIEIEIEIEIIIIIIIIIIII.:ugly:
  • Und irgendwann muss ich noch volltrunken in einem Einkaufswagen rumgeschoben werden fällt mir grad ein. :-/
So. Hoffen wir mal, dass mein diesjähriges Pensum des Klischeeheraufbeschwörens für dieses Jahr nun erfüllt ist. Und wehe in einem Jahr kann ich hinter den Großteil dieser Punkte ein "Check" setzen.

Und wen's interessiert: Meine "Vorsätze" für das Jahr mit den zwei Einsen.
  1. Schreiben
  2. Nicht mehr nicht schreiben
  3. Smartphone ohne Apfel
  4. Fotoooooooos machen. :D
Dadadam.

Sonntag, 2. Januar 2011

Umineko no Naku koro ni - Wenn die Möwen weinen

Ich bin total begeistert und dieser Post wird wohl in ein heiloses Fangirlen hinauslaufen. Egal.

Umineko no Naku koro ni ist ein sogenanntes "Sound Novel", wie deutsche Politiker es ausdrücken würden, ein Geräuschroman. Der "Spieler" klickt sich durch immer neue Textblöcke, welche durch atmosphärische Geräusche und Musik, Hintergründe und Charaktere zusätzlich visualisiert werden. Quasi ein Roman mit Bildern, die Interaktionsfähigkeit liegt bei Null. Und trotzdem gilt es noch als "Spiel". Geschrieben von "Ryukishi07", Mitglied der dreiköpfigen Gruppe  "07th Expansion", welche mit dem Vorgänger "Higurashi no Naku koro ni - Wenn die Zikaden weinen" in der Szene berühmt geworden sind.

Die Handlung ist nicht einfach erklärt: Die stinkreiche Ushiromiya-Familie hält jedes Jahr ein Familientreffen auf einer abgelegenen Insel ab, so auch am 4. und 5. Oktober 1986. Kinzo Ushiromiya, der die Familie nach dem Zweiten Weltkrieg aus dem Nichts wieder aufgebaut hatte, liegt im Sterben, und seine Kinder haben alle erhebliche finanzielle Schwierigkeiten, was die Stimmung auf der Familienkonferenz und die Diskussionen über die Erbteilung nicht angenehmer macht.. Dass Kinzo angeblich 10 Tonnen Gold auf der Insel gebunkert haben soll, macht die Sache nicht besser, nein. Seine Behauptung, die Goldene Hexe Beatrice habe ihm das Gold transmutiert, und seine Liebe zum Okkultismus werden auch nur unter den Gesichtspunkten toleriert, dass er immer noch legales Oberhaupt der Familie ist. Ein gigantisches Portrait von Beatrice in der Eingangshalle und ein Epitaph, auf dem ein brutales Ritual zur Wiederauferstehung der Hexe beschrieben wird, verbessert Kinzos Fremdwahrnehmung auch nicht. An diesem Familientreffen passiert allerdings etwas unvorhersehbares: Beim Abendessen zieht die kleine Maria Ushiromiya einen Brief mit dem Siegel des Oberhauptes hervor, der von Beatrice geschrieben sein soll und die Familie dazu aufruft, das Epitaph zu lösen - Andernfalls wird alles, was Kinzo mit dem Gold erschaffen hat, von der Hexe eingefordert. Das beinhaltet die Familie.

Spoiler ->

Und dann fängt das Morden an. Der/Die TäterInnen malt magische Zirkel auf geschlossene Türen, hermetische abgeriegelte Räume werden Schauplätze von Morden, die nur für Hexen möglich erscheinen. Und als am 5. Oktober die Uhr um 12 Uhr schlägt, sind alle Mitglieder der Familie und der Bediensteten entweder tot oder verschwunden. "When the Seagulls cry, there are no survivors."

Aber einer will nicht daran glauben, dass eine Hexe die Morde verübt hat. In einer Metawelt fordert Beatrice diesen Mann, Battler Ushiromiya, heraus. Er soll beweisen, wie die Morde für einen Menschen möglich gewesen sein sollen. Und so werden weitere Variationen der schicksalträchtigen Tage vorgeführt, von den Charakteren kommentiert, und langsam aber sicher kommt Beatrices Herz ans Licht.

Umineko no Naku koro ni ist destillierte Erkenntnistheorie und Literaturwissenschaft. Eine bastardisierte Schrödingers Katze, Hempels Raben, Author-Theory, Rote Wahrheit und einer der krassesten Self-Inserts die mir jemals untergekommen sind fordern den Leser heraus. Was ist Wahrheit? Was ist Magie? Und braucht es Liebe, um die Wahrheit zu sehen? Wollen wir ein "Mystery" oder ein "Fantasy"? Akzeptieren wir Beatrices Herausforderung, oder war am Ende doch alles wie von Zauberhand?

Unterstützt durch eine enorm engagierte Übersetzergruppe, der Witch Hunt, sind uns Westlern alle Werkzeuge anheim gelegt, das Rätsel selbstständig zu lösen. Auch wenn die vielen Fanforen jetzt nach dem Erscheinen der letzten Episode #8 spoileriffic sein werden. Ich kann es nur empfehlen. Es bietet einen von der Übersetzung ausgehend soliden Schreibstil, einige wirklich brilliante Gedanken, eine leidenschaftliche Einbeziehung des Lesers, atmosphärische Effekte und Musik, und eine gigantische Zahl an Charakteren. Aber: Es ist ziemlich brutal. Ryukishi07 beschreibt einige Szenen in einem durchaus erschreckenden Detailreichtum, was aber auch auf die emotionalen Szenen zutrifft. Boah, dieser Kerl weiß einfach wie man zu schreiben hat. Und dafür bewunder ich ihn. Punkt!

Und jetzt: Lesen! >:D Bei weiteren Fragen einfach an mich wenden. Oder die Witch Hunt Seite studieren, die Herren und Damen stellen die Serie ziemlich umfassend vor. Jedenfalls ist es TOLL TOLL SUPER TOLL! Und mehr Leute sollten Umineko kennen. Seriously!

Freitag, 17. Dezember 2010

70 M - 84 i - 104 n - Wachstum! Wachstum! Wachstum!

Zumindest ein Vorteil von überfüllten Intercity-Expressos ist der bewusstseinserweiternde Perspektivenwechsel, der unsereiner ausgesetzt wird, wenn Sitzplätze von den Gesetzen der Diffusion verwehrt werden. Kein maxwellscher Dämon, sondern eiskalte Kalkulation. So liegen unsere Blicke nur noch, zusammengekauert auf dem durchnässten Boden, auf den unteren Körperhälften unserer Mitfahrer. Enttäuschenderweise eine recht langweilige Sache. Wo bleiben die schicksalshaften Begegnungen? Ein inselbegabter Schachmeister vielleicht, wie beim Zweig? Wann erfahre ich konstruierte Handlung in meinem Leben? Dieses Privileg scheint nur der Protagonisten-Bourgeoisie vorbehalten zu sein. Ich fordere: Noblesse Oblige, sonst Revolution! Bis dahin fürchte ich jedoch, meine Zeit müsse auf andere Art und Weise massakriert werden. Also schreibe ich einen Text über das, was zwischen Städten schnell herumfährt, Gratis-Getränken und exponentiellem Anstieg von reiner Verspätungszeit. Vielleicht gelingt der Bahn ja der Durchbruch, und sie erreicht die temporale Singularität, eine ewige Verspätung, Quantenbahn made by Schrödinger, Pünktlich und Verspätet zugleich! Großartig. Ich sollte bei Mappus anfragen, wie es mit Plänen diesbezüglich aussieht. Wer braucht denn bitte Kopfbahnhöfe bei diesem Innovationspotenzial? Aber zurück zum Expresso. Wie vielfältig doch die Zeitvertreibung geworden ist! Ob Schach-App, frenetisches Schreiben von Literaturbeleidigung_innen, Lesen von glitzernden Vampirgeschichten oder ähnlichem, Berichte aus dem letzten Urlaub – Mit der Schilderung der Geschehnisse eines einzigen Wagons der Strecke Berlin – Hamm (inklusive überirdischer Verspätungen ausgelöst durch schneeweiße Schneepracht) könnte der besessene Schreiberling schon ein beachtliches Werk schaffen, variabel mit existenzieller, nihilistischer oder auch epikureischer Ideologie durchsetzt. Dann die Flaschenpost in die literarische Welt werfen, vielleicht auf einen Urknall im Kopf der Kritik hoffen, und der nächste Literaturnobelpreis hat einen zusätzlichen Kontestaten gefunden, bei gleichbleibender vakuumesker Leere im Briefbörschen. Aber ich schweife ab. Oder ist gerade das Abschweifen die Liebkosung meiner Tätigkeit? Bringt uns die abgeschwaschwiffene Kunst erst zur Silhouette des Humanen in der Kunst? Oder rede ich vollkommenen Blödsinn? Hat mich die Betrachtung menschlicher Unterhälften zum Wahnsinn getrieben, versuche ich einen Sinn herauszuzerren und zu vivisektieren, um aus der Zeit etwas Zeitweiliges zusammen zu setzen, um nicht vollkommen meiner Produktivität beraubt nach Feigenblättern zu grabschen? Bin ich zu sehr beeinflusst von dem sich vor mir erstreckenden, von Menschen verstellten Gang, im kalten Wohnzimmerlicht gehaltenen Abteil, auf dem jeder seine Sitzorgane mit Stoff und Weichheit liebkosen darf, während ich die kalte Nassheit, die absolute Tautologie der Unbequemlichkeit, an meinen alabastergleichen Pobacken zu spüren habe? Was für ein Frevel! Und das alles nur, aufgrund meiner Hybris und dem Geiz. Die Zivilisation, nein, der Kapitalismus hat mich um mein Sitzfleisch gebracht! Mehr und mehr Sitzmöglichkeiten für weniger und weniger Menschen. Die Sitzakkumulation der Produktionsmittelbesitzer, der –innen und den Strichen ist ein rechtsstaatliches Vergehen! Wenn ich erst einmal Bundespräsident bin und vom System assimiliert, werde ich mich darum kümmern. Dafür stehe ich mit meinem Namen. Auf dem Papier. Aber was soll das Ganze? Hat es Zweck? Ich habe keinen Zweck hinzugefügt. Es ist Produkt einer gebeutelten Seele, einem Kampf gegen das Absurde, das Nichts, die Langeweile, die Lethargie und Kälte der ICE-Teppiche dieser Welt. Wenigstens ein Hoffnungsschimmer: Mit meinen Leidensgenossen verstehe ich mich. Geteilte Fahrt ist halbe Fahrt! Ahoi! Auf, auf in die weite, weiße, puderzuckerbedeckte wunderbar gleisverklebende Traumwelt des Fimbulwinters, des Jahrtausendwinters, von denen ich meinen Enkelkindeskindern noch Geschichten erzählen werde! Der Tag, an dem die Züge stillstanden. Vielleicht auch eine Revolution der Züge? Tritt das gebeutelte Transportproletariat nun auf und fordert Amnestie? Ich sollte aufhören. Wirklich, aufhören. Sonst ergeht es mir noch wie Herrn B., und ich werde niemals ohne Nervenkrankheit zu riskieren wieder auf Teppichen zu sitzen vermögen. Beenden wir dieses Schauerspiel. Fin. 

Freitag, 3. Dezember 2010

Arsen zum Mitnehmen

Carl hatte Recht. Astronomie ist in der Tat eine "character-building experience". Die Entdeckung von Lebewesen, die ganz ungeniert und unbeeindruckt von den uns bekannten Formalien des Lebens Arsen für ihre eigene Biomasse verwenden können, zeigt wieder einmal, wie großartig die Wissenschaft doch ist. Hier gibt es urplötzlich Leben, welches sich selbst aus Arsen konstituiert, einem Stoff mit den sympathisch chemischen Gefahrenzeichen "Giftig" und "Umweltgefährlich".. Biologie-Bücher müssen neu geschrieben werden! Unser bisheriges Verständnis von "Leben" wurde erweitert! Und es fühlt sich so gut an.

Diese Erkenntnis erhöht die Wahrscheinlichkeit von extraterristischen Leben ganz ungemein. Nicht, weil überall im Kosmos Arsen herumfliegt - sondern weil es erneut demonstrierte, dass unsere eigenen Erklärungsversuche noch längst nicht die Gesamtheit der Welt abzubilden vermögen. In einer Welt ohne für den Menschen fassbare Wahrheit wird es immer wieder neue Erkenntnisse geben, und wir laufen schlussendlich nicht weg vor der ultimativen Zertrümmerung unserer Paradigmen, nein, wir umarmen sie, wir liebkosen sie, wir lassen sie in unser Leben hinein, akzeptieren ihre Existenz. Solche Erkenntnisse sind nur Tropfen in einem Ozean, in dem ein kleines Körnchen namens Erde herumschwirrt - Ein unbedeutenes, kleines, fahl-blaues Körnchen, in einem Sonnenstrahl schwebend, aber trotzdem so komplex, so wunderschön-zerbrechlich. Wenn das, was wir Leben nennen, auf diesem kleinen Körnchen bereits so viele differenzierte, einzigartige solche Formen annimmt, was lauert dann erst hinter der schützenden Sauerstoffsphäre auf unsere Nachkommen?

Und nebenbei nimmt es uns einen Teil dieser fürchterlichen Einsamkeit. Je höher die Wahrscheinlichkeit für Leben außerhalb der Erde wird, desto eher sind wir nicht mehr alleine. Ich glaube, alleine dieser Gedanke nimmt der Dunkelheit, in deren Tiefe die Erde schwebt, einen großen Teil ihres Schreckens. Irgendwie sind wir nur animierter Kohlenstoff, haarlose Affen, die die Welt um sich herum wahrnehmen, mit ihr spielen und sie ausprobieren - Der Gedanke, dass es auch anderswo so sein könnte, ist fürchterlich beruhigend. Dafür liebe ich die Wissenschaft. Durch sie können wir die uns umgebene Welt, und ultimativ uns selbst, in neuem Licht sehen. Und das ist ziemlich großartig. Danke, NASA!

-> Hier der Stein des Anstoßes:
http://www.nasa.gov/topics/universe/features/astrobiology_toxic_chemical.html