Montag, 25. Oktober 2010

Wiege der Menschheit

Just eben fragte ich mich, wo und mit welcher Gewissheit andere Menschen die Grenze setzen, wenn sie sagen: "Meine Familie kommt ursprünglich aus X". Welcher zeitliche Rahmen ist hier angewandt? 100 Jahre? 500? 1000? Auf jeden Fall müssen es ganz schön wenige solcher Jahre sein. Oder die fragliche Person hat einen umfangreichen Stammbaum rekonstruiert, der bis tief in die Menschheitsgeschichte zurückzugreifen vermag. "Wo komme ich her?" wird hier degradiert von einer existenzialistischen Dehnübung zum simplen Nachschlagen. Dann aber auch stilecht mit einer eigenen App bitte. Wo fängt Herkunft an?

Diese Problematik zeigt deutlich auf: Es scheint die Annahme vorzuherrschen, die sogenannte Herkunft sei durch einen Rückgriff auf einen kurzen Zeitrahmen widerspruchsfrei belegbar. Dies mag durchaus zutreffen, bezöge man sich nur auf den unmittelbaren Ort der eigenen Kindheit oder das Gebiet, in welchem man die Anfangsphase seines Lebens bis zum ersten Schnitt gelebt hatte. Die Sozialisierung durch kultur-regionale Einflüsse tut hier natürlich ihr übrigstes und füllt den Lebensraum mit mehr der weniger substanziellen Begrifflichkeiten. Nicht so griffig wie das Prestieobjekt Weltbürgertum, zweifelsohne. Herkunft als Ort der ersten Sozialisation, der prägensten Erfahrungen, der Lieblingsort aller freudianischen Rückgriffe begeisterter Psychologen im späteren Leben. Ich bin geboren und aufgewachsen in Land X, Region Y, Stadt Z. Dieser Satz funktioniert. "Ich komme aus Z.", beziehen wir uns auf diesen ersten schicksalsträchtigen Ort, an den wir uns erinnern, und welchen als erstes von uns hätte verlassen werden können.

Jedoch geht es bei der Beantwortung dieser Frage nur den Wenigsten darum, woher sie selbst, sondern woher ihre Familie, ihre "Vorfahren" kommen würden.Ich behaupte nun, hier wird ein willkürlicher, für die eigene Argumentation gerade am passensten sich anbietender zeitlicher Bereich ausgesucht und als relevant für den verwandtschaftlichen Herkunftsbegriff herangezogen. Wieso erdreiste ich mich diese Behauptung zu stellen? Die Identität des eigenen Familienverbandes ist primär abhängig von als gemeinsam empfundenen und vor allem weitererzählten, tradierten und dadurch in der Vergangenheit prägenden Erfahrungswerten, welche in Form von Tradition oder Familienkultur Einflüsse auf das Jetzt ausüben. Ein beliebtes Beispiel ist hier sicherlich die Ergreifung ähnlicher Berufe durch frühe Einflussnahme der jeweiligen Elterngeneration und Sätze wie: "Dein Urgroßvater war Arzt, dein Großvater war Arzt, ich bin Ärztin, deshalb wirst du die Familientradition fortsetzen!" Es ist wichtig, auf diese Einflussnahme näher einzugehen. Familien sind kein starrer Verband. Konflikte zwischen Generationen werden sehr gerne mit römischen Zitaten zu einer universellen Sache erhoben. Daher allgegenwärtig. Jede Generation versucht sich neu zu definieren. Eine bestimmte Grenze jedoch impliziert, nach dieser Grenze gäbe es keine Bewegung, keine Veränderung. Sie benötigt zum Funktionieren eine starre, monotone Zeitlinie. Es erfordert ein unvergleichbares Maß an Arroganz behaupten zu können, die eigene Familie käme aus einem Gebiet der letzten gut 1000 Jahre. Wenn die App gut funktioniert. Der Familienbegriff ist aber, nehmen wir schon großzügigerweise die breite Verwandtschaftlichkeit hinein (wie es in der oben angeführten Äußerung benötigt wird. Alles nach Rezept), um einiges breiter. Er umschließt immerhin jeden einzelnen Menschen in einer langen Fortpflanzungskette, an derem derzeitigen Ende der aktuelle Mensch steht, welcher nun über die kausale Abfolge dieser Ahnengalerie reflektiert. Dort eine Grenze zu setzen bedeutet, dahinter liegende Verwandtschaft auszuschließen. Und woher kamen diese? Wanderung, in den Wogen der Zert untergegangene Menschen, Namen, Siedler, Flüchtlinge, ...  und irgendwo stehen sie in diesem undurchschaubaren Baum der eigenen Existenz immer weiter Richtung Stamm. Aber Herkunft kann keine Frage davon sein, wo ein Ast gesprossen ist. Herkunft ist der Stamm, die Wurzel. Wo liegt spekulierte Wurzel der Menschheit?

In Afrika. Dort, wo die Zahl der Hominiden stellenweise auf 100 geschrumpft sein soll. Die einzige logisch noch halbwegs haltbare Antwort auf diese unsägliche Aussage wäre demgemäß: "Ursprünglich kommt meine Familie aus Afrika". Hier hat Familie ihren maximalen Wert erreicht. Hier schließt die Familie alles im maximalen ausgereizten Verwandtschaftsverhältnis ein. Dies wäre die eigene Spezies. Natürlich ist es haltbar, würde eine Person darauf eingehen, dass die eigene Verwandtschaft in jüngster Vergangenheit durch politische und gesellschaftliche Ereignisse stark geprägt war, zu den Ausmaßen, als dass sich hier ein möglichst anders geartetes Quantenparalleluniversum gebildet hat. Aber letzten Endes ist Herkunft ein Begriff, der als Prestige, Forderung und Justifikation stark abgewandelt, ja gar missbraucht wird. Benutzen wir ihn, meinen wir es stehts in einem konkreten zeitlichen Kontext, und nicht universell. Es ist jedoch fraglich, wieso es dann gerade dieser Zeitraum ist. Was soll ausgedrückt werden? Und welche Relation hat dies dann auch tatsächlich zur eigenen Existenz? Wird die Handlungsrezeption anderer tatsächlich davon beeinflusst, ob mein Urururerzeuger nun Fürst Leopold Alexander Wilhelm Karl von Wanne-Eickel oder der Landstreicher Horst Möller war? Vor allem da nicht gewährleistet ist, dass frühere Verwandte nicht doch vorher Landstreicher aus Wanne-Eickel oder Fürst Müllershausen gerufen hätten worden können.

Kurzum: Benutzen wir den Begriff konsequent, wäre die Antwort bei allen Menschen identisch. Ein weiterer Punkt für die universalen Menschenrechte. Zerwürfnisse beiseite: Wer möchte, dass seinen Familienangehörigen Schaden zugefügt wird?

Dies ist ein Versuch. Würde er nicht scheitern, wäre er misslungen.

Freitag, 22. Oktober 2010

Schweizer Käse

Bibliotheken sind, nebst praktischem Aufbewahrungsort für Staubsammler jeglicher Art auch Orte einer gar meditativ anmutenden Ruhe, beinahe schon an Treibregulation und -kanalisation angrenzend. Hier kann homo logos seiner zivilisatorischen Gehirnmassage unentwegt Folgschaft leisten. Schöngeistlichkeit, Kopftraining auf das Koryphäen wie Dr. Kawashima nur verdadderteres Sabbern als Antwort artikulieren könnten. Umso schlimmer, wenn eine Person laute Geräusche austößt, aus welchen für sie unbeeinflussbaren Gründen auch immer dies geschehen mag. Aus der Trance brutalst herausgerissen, ist die Quelle der Störung sofort visuell identifiziert, und für einen kurzen Moment ist dieses Menschending Subjekt voyeuristischster Vivisektion ohne Anästhesie. Bonuspunkte, wenn viele Studenten der Humanbiologien anwesend sind. Sezierungen aller Frösch_innen dieser Welt sind nicht nur mehr anachronisich, sondern auch weitaus unergiebig für den Wissensdurst der Menschheit. Zuviel Schneiderei, zuviele Gedärme. Irgendwann sehen sie ja auch alle gleich aus. Aber nicht so die Ketzer_in der Bibliothek. Blicke zerschießen sie, und ihr Ego bleibt langhaltig vernarbt. Brutalste Menschenfolter in deutschen Bibliotheken. Bücher als Zeugen. Traumatisiert. Staunend. Staunend über Käse aus der Schweiz in menschlicher Form. Oder menschliche Form wie Käse aus der Schweiz. Bizarre Arbeitstranslation von Mikroben zu penetrierenden Blicken. Bücher können noch viel von uns lernen. Die Bibliothek demonstriert ihnen furios die Gesamtheit der menschlichen Selbstkontrolle und Rituale.

Donnerstag, 21. Oktober 2010

EE

Wie ... Europäische Ethnologie. Voyeuristische Forschung im Feld oder energetische Eigentumswohnungssanierung. Enton benutzt: Energieball!! bla.

Erster Eintrag.