Freitag, 3. Dezember 2010

Arsen zum Mitnehmen

Carl hatte Recht. Astronomie ist in der Tat eine "character-building experience". Die Entdeckung von Lebewesen, die ganz ungeniert und unbeeindruckt von den uns bekannten Formalien des Lebens Arsen für ihre eigene Biomasse verwenden können, zeigt wieder einmal, wie großartig die Wissenschaft doch ist. Hier gibt es urplötzlich Leben, welches sich selbst aus Arsen konstituiert, einem Stoff mit den sympathisch chemischen Gefahrenzeichen "Giftig" und "Umweltgefährlich".. Biologie-Bücher müssen neu geschrieben werden! Unser bisheriges Verständnis von "Leben" wurde erweitert! Und es fühlt sich so gut an.

Diese Erkenntnis erhöht die Wahrscheinlichkeit von extraterristischen Leben ganz ungemein. Nicht, weil überall im Kosmos Arsen herumfliegt - sondern weil es erneut demonstrierte, dass unsere eigenen Erklärungsversuche noch längst nicht die Gesamtheit der Welt abzubilden vermögen. In einer Welt ohne für den Menschen fassbare Wahrheit wird es immer wieder neue Erkenntnisse geben, und wir laufen schlussendlich nicht weg vor der ultimativen Zertrümmerung unserer Paradigmen, nein, wir umarmen sie, wir liebkosen sie, wir lassen sie in unser Leben hinein, akzeptieren ihre Existenz. Solche Erkenntnisse sind nur Tropfen in einem Ozean, in dem ein kleines Körnchen namens Erde herumschwirrt - Ein unbedeutenes, kleines, fahl-blaues Körnchen, in einem Sonnenstrahl schwebend, aber trotzdem so komplex, so wunderschön-zerbrechlich. Wenn das, was wir Leben nennen, auf diesem kleinen Körnchen bereits so viele differenzierte, einzigartige solche Formen annimmt, was lauert dann erst hinter der schützenden Sauerstoffsphäre auf unsere Nachkommen?

Und nebenbei nimmt es uns einen Teil dieser fürchterlichen Einsamkeit. Je höher die Wahrscheinlichkeit für Leben außerhalb der Erde wird, desto eher sind wir nicht mehr alleine. Ich glaube, alleine dieser Gedanke nimmt der Dunkelheit, in deren Tiefe die Erde schwebt, einen großen Teil ihres Schreckens. Irgendwie sind wir nur animierter Kohlenstoff, haarlose Affen, die die Welt um sich herum wahrnehmen, mit ihr spielen und sie ausprobieren - Der Gedanke, dass es auch anderswo so sein könnte, ist fürchterlich beruhigend. Dafür liebe ich die Wissenschaft. Durch sie können wir die uns umgebene Welt, und ultimativ uns selbst, in neuem Licht sehen. Und das ist ziemlich großartig. Danke, NASA!

-> Hier der Stein des Anstoßes:
http://www.nasa.gov/topics/universe/features/astrobiology_toxic_chemical.html

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